Gruppenfoto an den Victoria Fällen

Wir sind dann mal weg… – Bericht einer dreiwöchigen Reise nach Simbabwe

So hieß es am 10.03.2016 in den Schulnachrichten der Martin-Niemöller-Gesamtschule.

Zehn Schülerinnen und Schüler im Altern von 14 bis 19 machten sich zusammen mit drei Lehrkräften auf die lang ersehnte dreiwöchige Reise nach Simbabwe zu ihren Partnern an der Nkululeko Highschool in der Nähe von Gweru/Midlands. Möglich machten dies ENSA engagement Global, der Konkrete Friedensdienst NRW und Eigenmittel aus Benefitskonzerten von Lehrkräften, eine Tombola, die Sammlung von Althandies fürs Receycling und vieles mehr.

Im Folgenden erleben Sie die Reise an Hand von Auszügen aus Berichten der Jugendlichen zusammengestellt von Heidi Hesse (Projektleitung)

Am Bahnsteig bei der Anreise Gruppe
Abreise: Am Bahnsteig auf dem Weg nach Simbabwe

Ankunft in Harare

„Als wir nach langem Flug in Harare ankamen, war ich sehr erschöpft“ (Michelle).

„Das erste, was ich dort aß, war ein Chicken Burger, der zwar anders schmeckte wie bei uns, aber dennoch lecker“ (Pia).

Im Hotel übernachten und „uns langsam mit der doch fremden Welt vertraut zu machen fand ich ebenso gut wie, dass wir dort einen Markt besucht haben“ (Marcel) und „einen Ausflug nach Domboshawa zusammen mit einigen Simbabwern unternommen haben“ (Fallou).

Auf den Felsen bei Harare, der Hauptstadt von Zimbabwe
Auf den Felsen bei Harare, der Hauptstadt von Simbabwe

Begegnung mit Nkululeko Schülern – Anreise und Ankunft

„Als wir dann von den Schülern am Hotel abgeholt wurden, war ich erst einmal sehr überrascht, da sie uns direkt die Koffer abgenommen haben und sie in den Schulbus gepackt haben“ (Marcel). „Auf dem Weg zu unserer Partnerschule saßen wir im Bus neben unseren simbabwischen Partnern, mit denen wir schon aus Deutschland vor der Reise Kontakt hatten. Ich redete über unsere Hobbies, Familie und über die Heimatländer“ (Maurice).

„Doch das witzigste Erlebnis war da, wo wir mit dem Bus kurz vor Nkululeko das erste Mal im Schlamm stecken geblieben sind. Das war die erste Zusammenarbeit und hat uns richtig zusammen gebracht“ (Fallou).

Der Bus sitzt fest im Schlamm
Ereignisreiche Anreise nach Nkululeko mit dem Bus. Alle packen mit an.

„Wir haben gemeinsam Stöcke gesammelt, unter den Bus gelegt und den Bus von hinten aus dem Schlamm gezogen. Wir waren so eine tolle Gruppe, obwohl wir uns erst ein paar Stunden kannten“ (Maurice). „Endlich angekommen, sind wir von einer Parade empfangen und in die Mensa geführt worden, das war ein unglaubliches Gefühl“ (Fallou). „Nach der Feier in der Mensa wurden wir von den Cheerleadern zu den Schlafsälen gebracht, wo alle Mädchen sich förmlich auf uns stürzten, um uns kennen zu lernen, aber im Gegensatz zu deutschen Jugendlichen mit ernsthaftem Interesse“ (Pia). „Dann haben wir nur noch unsere Moskitonetzte aufgehängt, unser Bett gemacht und wollten eigentlich duschen gehen, bis uns auffiel, dass wir nicht alleine waren, sondern mit ganz vielen Schülerinnen, die an den Türen standen. Daraufhin lehnten wir es ab zu duschen“ (Michelle). „Jedoch störte es mich nicht, mit anderen 14 Personen in einem Raum zu schlafen. Auch das Problem mit dem Duschen klärte sich“ (Michelle). „Die Hostel waren eigentlich ganz in Ordnung, Platz war ausreichend, weil wir nur zwölf (wir sechs und unsere Partner) statt der normalen 18 Personen waren und alles extra für uns hergerichtet wurden“ (Fallou).

Projekte in Nkululeko

Wir hatten ein kleines Aufforstungsprojekt im Vorfeld vereinbart. Zusammen mit Schülern aus einem Landwirtschaftkurs sollten in Schulnähe 50 einheimische Bäume gepflanzt werden. Das Gras war bereits geschnitten und die Setzlinge gekauft. Doch zuerst brauchten wir Werkzeug, denn es gab kaum Spaten und Spitzhacken. Also einkaufen fahren. Am nächsten Tag wurden Dreiergruppen gebildet. „Jeder deutsche Schüler hat mit zwei simbabwischen insgesamt fünf Bäume gepflanzt. Ich hatte das Vergnügen mit zwei Mädchen zu arbeiten. Ich war anfangs etwas skeptisch, da ich dachte, dass die beiden doch niemals richtig mit anpacken könnten. Aber Irrtum […] – was ich sehr bemerkenswert fand, war, dass die Mädchen in meiner Gruppe immer gefragt haben, ob sie mir helfen sollen“ (Marcel). „Das Baumprojekt war sehr anstrengend, da wir in der Hitze viele Löcher graben mussten, doch für das Ergebnis 50 verschiedene Bäume eingepflanzt zu haben, hat es sich gelohnt“ (Fallou).

„Durch das Projekt habe ich erkannt, wie wichtig Bäume für uns sind.“ (Fallou)

„Während der Arbeit auf dem Feld hat die Teamarbeit gut funktioniert. Zu Anfang wusste ich beispielsweise nicht, wie man mit einer Spitzhacke umgeht, doch wurde mir das mit Geduld beigebracht. Der Unterschied zu Deutschland ist, dass es nicht peinlich war, wenn ich etwas nicht auf Anhieb hinbekommen habe, da man von den Schülern nicht ausgelacht wurde, sondern ermutigt wurde weiter zu machen“ (Pia).

Bäume werden gepflanzt
Bäume werden gepflanzt

„Nach dem Baumpflanzprojekt haben wir auch noch getanzt. Ich war anfangs nicht so davon begeistert, da ich tanzen nicht so gut finde. […] Da sie uns sehr gut mit einbezogen haben, habe ich auch mit getanzt und habe sehr viel Spaß dabei gehabt. Da sie nicht nur tanzen sondern auch sehr gut singen, haben wir auch mit ihnen gesungen. Der Schulchor hat uns den Text beigebracht. Wir haben einmal deren Schulhymne (auf Shona) und ein englisches Lied gesungen. Jetzt habe ich einen Ohrwurm“ (Marcel).

„Auf das Tanzprojekt hatten die meisten von uns am Anfang keine Lust. Aber als wir es dann gemacht haben, hat es allen total viel Spaß gemacht, weil es am Ende auch egal war, wie man sich beim Tanzen zum Kasper gemacht hat. Denn, da es alle gemacht haben, war es okay“. (Till)

Tanzende aus Nkululeko
Das Tanzprojekt kam sehr gut an

„Am Ende haben wir zusammen mit der einheimischen Gruppe den Tanz auf der Bühne vor allen Schülern vorgeführt. Es war eine neue Erfahrung vor einem so großen Publikum einen Tanz vorzuführen. Doch es hat mir große Freude bereitet, zu sehen, wie viel Spaß es auch den Schülern machte sich das anzusehen“ (Pia).

Besuch in Familien

„Ich habe miterlebt wie lange die Schüler von zu Hause bis zur Schule brauchen. Von meiner Familie dauerte es ca. zwei Stunden. Ich habe gesehen, wie die Familien, die nicht so viel Geld haben, leben“ (Marcel).

„Als ich das Haus von innen sah wurde mir klar, was für ein Luxus wir in Deutschland in unseren eigenen Haushalten haben. […] Es gab wenig Möbel und keinen Strom“ (Maurice).

„Meine Gastfamilie hatte einen Hof […] und ein rundes und ein eckiges Haus. Die eckigen Häuser zeigen beispielsweise, dass die Familien etwas mehr Geld haben, da diese Häuser Fenster haben und etwas geräumiger sind“ (Pia). „Zudem ist die Ernte zurzeit schwierig, da durch den Klimawandel eine Dürrezeit bevorsteht. Als wir auf den Feldern waren wurde uns erklärt, dass die Ernte teilweise vertrocknet ist […], was dazu führt, dass viele Familien nicht genug Geld haben, um sich anständig zu ernähren“ (Pia).

Abendveranstaltungen in Nkululeko

„Die Veranstaltungen (in der Mensa) fingen zwar immer etwas später an, da sie Probleme mit der Technik hatten, doch sie waren sehr schön, vor allem weil die ganze Schule dort war“ (Fallou). „Es gab eine Talentshow, einen Filmabend, die Geschenkepräsentation von uns und zu guter Letzt den Discoabend. Das erste war der Filmabend, wo sich so gut wie alle Schüler in der Mensa versammelten und über einen Beamer, der mit einem Laptop verbunden war, wurde ein Film abgespielt. Die Schüler dort waren es nicht wie wir gewohnt ständig Filme zu gucken und waren daher auch bei bestimmten Ereignissen etwas lauter. Es war so, als wäre man auf einer Comedy Show gewesen. Als nächstes stand die Talentshow an, die ich persönlich super fand.

Alle Schüler hatten die Möglichkeit zu tanzen oder zu singen. Die Schüler haben ein Strahlen in den Augen, wenn sie etwas tun, was ihnen Spaß macht und die Leidenschaft für das, was sie tun, mit ansehen zu dürfen war für mich das Beste.

Zuletzt haben wir gemeinsam einen Discoabend in der Mensa organisiert. Wir haben zusammen mit den simbabwischen Schülern getanzt und gelacht und dabei wurden Videos und Fotos gemacht. Wir haben uns gemeinsam amüsiert und ich habe festgestellt, das auch ohne Alkohol eine Party gut von statten gehen kann“ (Pia).

Großes Publikum in der Mensa
Großes Publikum in der Mensa

Tourismus

„Wir haben zusammen mit unseren Partnern verschiedenste Dinge besucht wie die Victoria Fälle, Matopos und eine Safari im Hwange Nationalpark gemacht“ (Marcel). „Die Victoriafälle sind ein Weltkulturerbe und so etwas zu sehen war für uns einmalig toll. Wir wurden von der Gischt zwar nass wie unter einer Dusche, aber das war uns egal. […] Im Nationlpark konnten wir den wilden Tieren wie Löwen, Elefanten, Giraffen, Zebras und weiteren auf freier Wildbahn begegnen“ (Maurice).

Abschied am Lagerfeuer in Nkululeko Schüler unter Schülern

„… Jeder hat so nochmal Gelegenheit gehabt etwas zum Abschied zu sagen.  … [U]nsere Partner haben gemeinsam einen Song geschrieben (I will miss you), den sie an unserem letzten Abend zum Abschied gesungen haben. Mich persönlich hat das sehr berührt“ (Pia).

Reflexion der Reise:

Wir am Lagerfeuer
Abends am Lagerfeuer haben wir alles Revue passieren lassen

Was hat euch besonders beeindruckt und was habt ihr mitgenommen?

Rodi: …,dass sie mit sehr wenig auskommen und was wir schon längst zu Hause weggeworfen hätten. Wie z.B. ein komplett zerstörtes Bügeleisen, das aber noch funktioniert und damit benutzt wird.

Rodi: Also einmal war es so, dass alle Wäscheleinen voll waren und ich und mein Partner kamen mit unserer Wäsche vom Waschraum. Also wäre ich in Deutschland 100% zum nächsten Laden und hätte mir dort einen Wäscheständer gekauft, aber mein Partner und ich haben uns Schnur, eine langen Stock, Steine und einen Baum zu Hilfe genommen und eine provisorische Wäscheleine gebaut. Als ich dort war, habe ich aus Nichts Sachen gebaut als wäre es die neueste Technik.

Frieda: Sie lernen gemeinsam. Ich habe gemerkt wie wichtig der Klimawandel ist und wie viel Spaß globales Lernen machen kann.

Marcel: Mich hat beeindruckt, dass die Leute mit so wenig Sachen klarkommen, z.B. dass nicht immer Wasser und Strom da ist. Aber auch, dass es ihnen nicht so wichtig ist, was für Klamotten sie tragen. Ich werfe jetzt weniger Essen weg. Ich bin für die Aufnahme von Flüchtlingen bei uns und versuche meinen Freunden beizubringen, dass diese Leute in der Regel dankbar und freundlich sind.

Maurice: wir haben viele Gemeinsamkeiten z.B. Hobbies, Musik.

Till: ich habe gelernt Strom und Wasser mehr wertzuschätzen. Ich möchte darauf achten ökologischer zu leben und z.B. mehr mit dem Fahrrad zu fahren.

Michelle: alle Schüler waren, egal wie arm, großzügig und warmherzig. Sie haben mich angenommen, wie ich bin. Ich habe in Simbabwe viel Armut gesehen und weiß nun, warum Menschen aus ihrem Land fliehen, obwohl es dort keinen Krieg oder andere Gefahren gibt.

Ole: Wenn es ein Problem gab, wurde darüber nicht verzweifelt sondern alle haben mit angepackt dies zu beseitigen z.B. als unser Bus stecken blieb. Ich habe auch meine Grenzen erkannt und gelernt mal in der Gruppe abzuschalten.

Fallou: Mein Umgang mit Essen. Ich versuche das zu schätzen, was ich habe.

Ami: die Lebensfreude und die Liebe für andere. Ich gehe mit meinen Sachen sorgsamer um und überlege, wie ich Menschen in Simbabwe unterstützen kann.

Pia: Ich habe u.a. gelernt, dass was man hat wert zu schätzen, auch wenn es wenig ist. Ein klassisches Beispiel dafür ist Essen: wir schmeißen so viele Lebensmittel weg nur weil wir keinen Hunger mehr haben oder weil es im Kühlschrank hinten in der Ecke liegt und wir ein neues anfangen. Mittlerweile tue ich das nicht mehr, jetzt gehe ich sparsamer und verantwortungsvoll mit Lebensmitteln um.

Kommentar einer der begleitenden Lehrer, Nacim Acar: Auch die Akzeptanz und Toleranz, die sie (deutschen Schüler) sich und ihren simbabwischen Mitschülern entgegenbrachten, hat mich sehr berührt. Wir Kollegen hatten das Glück im Rahmen des Austausches auf viele nette Menschen zu treffen, die uns sehr unterstützt und uns auf unterschiedliche Weise ermöglicht haben, gemeinsam mit den Schülern die Facetten Simbabwes zu erahnen. Das hat mir nochmal gezeigt, wie anders man ein Land wahrnimmt, wenn man es durch Menschen nähergebracht bekommt, die dort leben. Da darin die Natur von Austauschprogrammen begründet liegt, ist mir ihr Wert noch mehr als zuvor bewusst geworden.

Kommentare aus dem Süden:

Jonathan (Schüler): Ich war überrascht, dass die deutschen Schüler nicht wissen, wie man ein Feld pflügt, z.B. als wir Familien besucht haben. Die meisten deutschen Jugendlichen lieben die gleiche Musik und Hühnchen. Nach meiner Meinung sollte mein Land die Art und Weise, wie sie Weiße kritisieren, ändern. Die Menschen in Deutschland sollten Englisch lernen und als zweite Sprache im Land einführen, da es eine Weltsprache ist.

Simbarashe (Schüler): In Simbabwe müssen wir Bildungseinrichtungen und Researchinstitute fördern. Deutschland sollte die Produktion von Waffen, die in Länder mit Krieg verkauft werden, stoppen, denn es ist unethisch und schadet unschuldigen Menschen.

Wellington Mufudza (Lehrer): Es herrschte im Kulturaustausch eine offene Lernatmosphäre. Wir lehrten unsere traditionellen Tänze und lernten einen  kurdischen Tanz. Dies hat unsere eigene Kultur aufgewertet.

David Mangena (Schulleiter in Nkululeko): die Schüler lernten Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu schätzen. Es gelang ihnen sich ausgehend von verschiedenen kulturellen Hintergründen einander anzunähern. Aus den Projekten lernen wir für die Schule: 1. Selber Fundraising Projekte zu entwickeln, 2. Conservation of nature stärker wert zu schätzen, 3. Ein Austausch braucht eine Vorbereitung auf beiden Seiten. Auch die Schüler müssen sich bewusst sein über die Ziel des Austausches und den Erwartungen an sie.